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Anselm Riess Guitars

gretemusic

Hier gibt es Infos zur 1983 gebauten Gitarre für Günter (Grete) Fischer, der mir freundlicherweise ein paar Bilder und einen schönen Artikel zur Entstehung seiner Gitarre hat zukommen lassen.
 

Meine AR – Grete – Traumgitarre

In der Sturm- und Drangzeit der frühen 80-iger tobte ich mich gerade mit einer Band namens “Reform” auf den Live-Bühnen der Deutschen Demokratischen Rätätä und der befreundeten Bruderländer gitarristisch aus, als sich die Gelegenheit bot, Anselm Riess (zum damaligen Zeitpunkt als Gitarrist bei der im östlichen Staatenverbund nicht minder bekannten Rockgruppe “Dialog”) auf Tour kennen zu lernen. Günter (Grete) Fischer mit seiner Anselm-Riess-Mockie

Der Kontakt war auf Grund der gemeinsamen Interessenlage schnell hergestellt und entsprechend herzlich. Mir fiel nicht nur auf, dass der Kollege auf der Gitarre verdammt fit war - nein, auch der Ton war genial und wurde auf einem mir völlig unbekannten Paula-ähnlichen Modell mit durchgehendem Hals, langer Mensur und traumhaftem Outfit erzeugt – und zwar über den Verlauf des gesamten Konzertes…während eine Fender-Stratocaster völlig unbeachtet im Bühnenhintergrund ihr Dasein fristete und augenscheinlich zur Ersatzgitarre degradiert worden war! Und das zu DDR-Zeiten! Blasphemie! Kopf der Gitarre

Als mir – dem stolzen Besitzer einer original Gibson Les Paul Custom – auf die Frage nach dem Modell was er denn da spiele auch noch erklärt wurde :“...ist selbstgebaut...“, war ein Check unumgänglich. Und das Resultat sah für mich und meine Paula nicht so toll aus: Tonansprache, Tonentfaltung, Sustain, mit und ohne Amp – klarer Punktsieger Anselms selbstgeschnitztes Gehölz – das brachte meine heile Welt gehörig aus den Fugen…Als kleines Schmankerl hatte der Bursche noch einen (natürlich selbstgebauten- welche Frage!) Booster in seine Gitarre eingebaut, der die von Hause aus exzellenten Veranlagungen des Instrumentes nochmals potenzierte – unglaublich!

So was wollte ich auch! Zwei Jahre und einige Besuche im schönen Vogtland später hielt ich sie dann in den Händen - meine AR-Grete –Traumgitarre! Da ja der für DDR-Verhältnisse unglaubliche Zustand der Auswahl von Holz und Form bestand, ließen wir uns Zeit – zumal das Besorgen der Hardware, Pickups etc. sehr aufwändig war und dauerte. Dies ist eine andere laaange Geschichte.

Dazu nur folgende Stichpunkte: Kopf von hinten

Schaller M6-Mechaniken – privat erstanden vom “Omega”-Gitarristen bei einer Ungarn-Tour

-Hals-PU: Stegpickup einer endsechziger-USA-Strat-fur 750.-Mark(!) Ostgeld gebraucht von dem Berliner Gitarristen Fritz Puppel (City) erstanden, der anstelle desselben einen Humbucker in sein Holz einbaute

- Stegpickup: einer der ersten Seymour-Duncan SH-1 B Humbucker –getauscht mit einem Kollegen aus Herne gegen ein Paar Schlittschuhstiefel …usw.

Das Endresultat hatte dann folgende Eigenschaften und Bestandteile:

Korpus und Hals entstanden aus Esche, Palisander- und Mahagoniholz, welches miteinander verleimt wurde. Die Rohform (verkleinerte, ”elegantere” Version der BC Rich-Mockingbirdform) wurde nach entsprechender Trockenzeit in Ermangelung einer Bandsäge mit einer ostdeutschen 300 W “starken” Multimax -Bohrmaschine Loch für Loch “ausgestochen” – eigentlich undenkbar! Der Rest war dann Raspeln, Feilen u. Schleifen – von Hand wohlgemerkt!Body aus massivem Holz: Palisander, Ahorn, Mahagony

Der Hals hat 27 Bünde, Gibson-Mensur, ein extrem feinporiges Ebenholzgriffbrett mit rhombusförmigen Paua-Muschel-Einlagen, die letzten 8 Bünde sind scalloped ausgeführt.

Neben der erwähnten Hardware befinden sich noch eines der frühen, damals angesagten Floyd-Rose –Vibratosysteme, ein 3-Way-Toggle-Switch, 2x Volumenregelung (kein Tonregler) sowie ein 3-Weg-Mini Switch für den Steg PU (Humbucker, Single-Coil, gegenphasig) an Bord.

Sämtliche Elektronikfachabdeckungen (was für ein Wort) sowie die Abdeckung der Federkammer sind versenkt und plan zur rückseitigen Oberfläche (!) ausgeführt.

Und der Sound ? Ganz einfach: genial! Wie zu erwarten war, hat die Gitarre Sustain ohne Ende und eine Tonentfaltung, die ihresgleichen sucht – und zwar ohne Dead-Spots über den gesamten Griffbrettbereich! Auf Grund der Holzkombination und der Bauart bietet die Gitarre sozusagen "best of both worlds” – einen klaren, seidig schimmernden Rhytmuston über den Hals-Pickup bei heruntergeregeltem Volumen welcher sich bei Erhöhen desselben je nach Amp-Einstellung zum rotzigen Blues-Crunch entwickelt, und der Stegtonabnehmer singt und drückt das es eine wahre Freude ist! Dabei ist der Ton niemals matschig sondern auch in den unteren Lagen klar definiert.

Lange Rede kurzer Sinn: die Klampfe die der Anselm da gezaubert hat ist auch nach mehr als 23 Jahren (in denen sie definitiv an Substanz gewonnen hat) meine erste Wahl, wenn es um die Aufnahme von rockigem oder bluesigem Material im Studio geht. Live setze ich sie nicht mehr so oft ein – das dem Sustain zuträgliche hohe Gewicht steht meinem “biblischen” Alter und einigen berufsbedingten Rückenproblemen leider im Weg…

Trotzdem wird mich diese Gitarre nie verlassen –sie hat nach der langen Zeit in meinem Besitz weder Lackrisse noch irgendwelche anderen Alterserscheinungen gezeigt – ganz zu schweigen von Dingen wie Verziehen des Halses oder ähnlich schwerwiegenden Problemen. Die Saitenlage ist, obwohl ich nie (!) nachjustieren musste 1a – extrem niedrig (wie ich es mag), aber schepper- und klirrfrei über das gesamte Griffbrett.

Soviel zum Thema Wertbeständigkeit und Langlebigkeit einer AR-Gitarre.

Danke Anselm und alles Gute!

Liebe Grüsse aus Neuseeland

Günter “Grete” Fischer